Im Rundfunk
Das Hörspiel Draußen vor der Tür von Wolfgang Borchert, zeichnet sich durch brennende Lebensnähe aus. Er gestaltet einen schwerwiegenden Stoff, den jemand nur einmal in seinem Leben
packen kann: Rückkehr aus Krieg und Gefangenschaft. Wenn Borchert ihn vernahm, so trat er damit in eine Verpflichtung ein, die wir gern vollständig von ihm gelöst wissen möchte: Die Verpflichtung
eines Dichters, seiner und folgender Generationen vorauszuleuchten und auf Leitlinien des gesellschaftlichen Handelns hinzulenken. Borchert sollte es nicht bei diesem ersten ernstzunehmenden
Vorstoß bewenden lassen. Würde er sich entschließen die Hörspielfassung zu einem jeden Anspruch gewachsenen Drama auszugestalten, so könnte ihm ein Stück gelingen, das die Linie des
eindrucksvollen wenn auch mehr den individuellen Fall betonenden damaligen Nachkriegsdramas Hinkemann von Ernst Toller fortzuführen und an die Herzen zu rühren vermöchte. E.K.
In: Hamburger Freie Presse, 19.2.1947, S. 3
Am Lautsprecher
Einer von der jungen Generation meldet sich zu Wort:
Wolfgang Borchert. Einige Gedichte und Erzählungen ließen schon aufhorchen und das Hörspiel Draussen vor der Tür bestätigt den Eindruck: ein Name, den man sich merken muß. Der »draussen
vor der Tür steht«, ist ein Heimkehrer. […] Nur noch dem Osten nach! Sechs Jahre Krieg, schneidiger, sturer, dreckiger, hoffnungsloser Krieg, haben ihn ausgequetscht. Vieles muss er verlieren,
jetzt muss er noch die Heimat verlieren. Alle Türen knallen vor ihm zu. Die Frau ist futsch, ein Beruf ist nicht zu finden, die Eltern in Ohlsdorf und mit der Verantwortung für die fröhliche
Schießerei wird er auch nicht fertig. Er kommt nicht mehr hoch, geht unter. Schluß.
Borchert versucht ein typisches Schicksal zu verdichten. Sein Held schaut durch die Gasmaskenbrille: Optik des totalen Zusammenbruchs. Er wird zum Neinsager. Typ einer Generation, die noch keinen
Stern zu sehen vermag, nach dem sie steuern soll. Dafür ist auch Borcherts Hörspiel symptomatisch. Er zeigt das Dunkel auf, aber ein Licht entzündet es nicht. Borchert ist ein junger Autor, der
vieles auf einmal sagen möchte und gleich einen ganzen Felsklotz von Problemen hinstellt. So gibt er mehr eine lockere Szenenfolge als ein dramatisches Spiel. Mit der Mischung von Realismus und
visionäre Schau, die allerdings noch manchmal zur blasseren Allegorie herabgleitet, zollt er dem Zeitgeschmack. Aber trotz allem ein Dichter, der Eigenes in eigener Weise zu sagen hat. Ludwig
Cremer arbeitete in der Sendung die einzelnen Szenen klar heraus, indem er auf jede handfeste dramatische Ausdeutung verzichtete und die Wirkung allein auf das Wort und die Sprecher aufbaute. Daß
es glückte, lobt Dichter und Sprecher (in der Hauptrolle der erstaunlich vielseitige Hans Quest) zugleich. Was gut besetzte Nebenrollen auch für das Hörspiel bedeuten, bewies eindringlich Gustel
Busch als grollend-gütige Mutter Elbe.
St-e
In: Hamburger Echo, 18.2.1947, S. 3
Einer war zu lange weg
Der SPIEGEL vom 22.2.1947 über
die Erstausstrahlung des Hörspiels.